Über uns

Anthroposophie ist ein Erkenntnisweg, der das Geistige im Menschenwesen zum Geistigen im Weltenall führen möchte. Sie tritt im Menschen als Herzens- und Gefühlsbedürfnis auf.  

Rudolf Steiner

Stimmen von Mitgliedern: „Was ist mir das Wichtigste am Zweig Reutlingen?“

„Das Studium der Anthroposophie im stillen Kämmerlein führt zwar zu einer Vertiefung in das Projekt Anthroposophie, doch in der Begegnung mit anderen Studienteilnehmern erwachen im Miteinander Fragen, die aus der verschiedenen Sicht der Teilnehmer erwachsen, die ich als einzelner nicht ersinnen kann. Dazu kommen biographische Perspektiven, welche die Arbeit spannend und vielgestaltig werden lassen. Ein weiteres Motiv ist, was Rudolf Steiner das Erwachen am Anderen nennt: die Einseitigkeiten des eigenen Blickfeldes, des eigenen Standpunktes werden aneinander ergänzt und abgerieben. Kurz: es kann die Arbeit an den Werken im Miteinander spannend sein.“

P.J.K.                                                                                                 

 

„Was mir das Wichtigste im Zweig Reutlingen ist? - Dass es ihn gibt!!
Im Reutlinger Zweig beschäftigen sich Menschen mit Fragen, die um das WOHER und WOHIN des Menschen kreisen, mit einem Menschenbild, das den Menschen als einen "zu Freiheit befähigten" anerkennt, mit einem Verständnis von Geisteswissenschaft, das naturwissenschaftliches Verstehen und geistiges Erkennen eint und den geistigen Sinn sinnlich erfahrbarer Tatsachen zu erkennen übt. Für eine Stadt wie Reutlingen ein Quellort für Geist und Sinn!“                                                                         

N. N.-S.

 

„Mir begegnen bei den Arbeitstreffen unseres Reutlinger Zweiges jedes Mal neue Gedanken, die mein Weltbild erweitern und mir „geistigen Schwung“ geben. Ich befasse mich viel und intensiv mit den gesellschaftlichen und politischen Gegebenheiten. Wenn ich daran schier verzweifle und mich ohnmächtig fühle, kann ich die ganz anderen Sichtweisen und Dimensionen des anthroposophischen Erkennens und Übens in der Gemeinschaft unserer Arbeitskreise dazu-erleben, mich gestärkt und getröstet empfinden und zu neuem Handeln ermuntert sehen.“
S.H.                                                                                

 

„Die Mitarbeit in einem anthroposophischen Kreis hat einen wesentlichen Einfluss auf meine Biographie. Ich verstehe das Leben besser, wenn ich mich mit Inhalten der Geisteswissenschaft beschäftige.

Ein wesentlicher Begriff der anthroposophischen Geisteswissenschaft ist die menschliche Freiheit. Damit ist aber die Verantwortung gemeint für das eigene freie Tun. Dies kann verwirklicht werden, wenn alle Teile der menschlichen Person der geistige Kern (das Ich), die weiten und tiefen seelischen Bereiche, die frischen Vitalkräfte und der physische Leib gleichermaßen gewürdigt werden. 

In Bezug zum Sozialen wurde mir bewusst, wie die gesellschaftlichen Ideale von Freiheit, Gleichheit und brüderlicher Solidarität nur Gültigkeit haben können, wenn sie differenziert betrachtet werden und streng den gesellschaftlichen Gebieten des Bildungs- und Kulturlebens, dem Gebiet des Rechts und dem wirtschaftlichen Tätigkeitsfeld zugeordnet werden. Joseph Beuys hat zurecht darauf hingewiesen, wie Rudolf Steiner seine Forderung nach dieser "Dreigliederung des sozialen Organismus" nicht erfunden hat, sondern sie schlicht gesehen hat. Eine Vermischung führt zu sozialem Chaos, etwa, wenn die Freiheit für das Wirtschaftliche in Anspruch genommen wird.“
W.R.

 

„Die ernsthafte Frage nach dem tieferen Sinn des Lebens taucht oft, wenn überhaupt, in den frühen Jugendjahren auf.  Sie hat zur Folge eine kontinuierliche Suche nach Menschen, mit denen man darüber sprechen kann, weil sie in gleicher oder ähnlicher Gesinnung ihre Ziele anstreben, weil das Leben mehr oder weniger leuchtend noch vor einem stand. Man sucht und lauscht nach den Schicksalsfäden, die einem das ermöglichen und schaut in viel späteren Jahren dankbar, wenn es gelingt, darauf zurück.

So erging und ergeht es auch mir, und ich landete bei der Suche in den verschiedenen Zweigen der Orte, zu denen mich mein beruflicher Weg hinführte.

Die Zweigabende sind aus meinem Leben nicht wegzudenken. Sie haben mich nicht nur in vieler Hinsicht gefördert, sondern meine Lebenskräfte immer wieder zu neuem Nachdenken aufgerufen und mein Freiheitsgefühl kräftig unterstützt, weil ‚richtiges Denken‘ an vorderster Stelle stand und beim Arbeiten geübt wurde.“
E.G.

 

„Hin und wieder kann es an den Zweigabenden bei unseren gedanklichen Bemühungen am Werk Rudolf Steiners geschehen, dass sich die Nähe zu Hierarchisch-Wesenhaftem spürbar auftut, die ich dann als die Frucht des Miteinander-Suchens erlebe. Dabei ist es Stil unseres Zusammenarbeitens, dass solche Erlebnisse nicht gruppenhaft beschworen und zerredet, sondern individuell erlebt und beschwiegen werden. Mir ist kostbar, dass ich im Zweig Reutlingen einen menschlichen Zusammenhang habe, in dem sich gerade durch das Miteinander diese Art der Resonanzverbindung zur geistigen Welt ereignen kann.“
S.K.     

                                                     

„Das Miteinander im Zweig:  Wir begegnen uns als Lesende, Sprechende, Hörende, Fragende. Wir sprechen in die leere Mitte zwischen uns hinein, vorsichtig wandern unsere Gedanken dorthin. Und manchmal lerne ich beim Zuhören den Anderen so viel intensiver und inniger kennen, als jede Alltagsbegegnung ermöglichen könnte.“
G.H.

 

 

 

Motive, die zur Mitarbeit im Zweig führen können

ALS MENSCH werde ich im Laufe meiner Biografie immer wieder krisenhafte Momente durchleben. So kann ich schon als Kind plötzlich vom Einsamkeits-Erlebnis durchzuckt werden: „Ich werde einmal sterben.“ - Vertieft und länger andauernd werden sich Fragen nach dem Sinn des Lebens während der Zeit der Pubertät auftun. - Und auch im Erwachsenen-Leben kann mit zunehmendem Bewusstsein für die Weltnöte immer wieder ein Abgrund  in mir aufreißen und die Verunsicherung in der Frage kulminieren: Bin ich denn überhaupt schon Mensch?

Die Fähigkeit, krisenhafte Momente im eigenen Innern wach zu erleben, darf und sollte heute als Gabe und Gnade des Schicksals erfahren werden: Sie muss nicht verunsichern oder gar verdrängt und verheimlicht werden, sondern ich kann sie innerlich bejahen. Dann liegt es in meiner Hand, ob sie zur eigenen Schwächung führt oder aber von mir verwandelt wird zur Fähigkeit der aktiven Mitgestaltung an einer im Kern krisengeschüttelten Außen-Welt.

Noch in der Not, mich der eigenen Orientierung für mein Menschsein in der Welt neu vergewissern zu wollen, mag es sein, dass ich „die Anthroposophie finde“; sei es durch die Begegnung mit Menschen, die mit ihr leben, sei es dadurch, dass mir ein Buch von Rudolf Steiner in die Hände fällt. Vielleicht, dass dann der 1. Anthroposophische Leitsatz in mir ein Echo findet und nicht nur über den toten Buchstaben sich meinem Gedankensinn erschließt, sondern in den Tiefen der Persönlichkeit sich selbst ausspricht:

 „Anthroposophie ist ein Erkenntnisweg, der das Geistige im Menschenwesen zum Geistigen im Weltenall führen möchte. Sie tritt im Menschen als Herzens- und Gefühlsbedürfnis auf. Sie muss ihre Rechtfertigung dadurch finden, dass sie diesem Bedürfnisse Befriedigung gewähren kann. Anerkennen kann Anthroposophie nur derjenige, der in ihr findet, was er aus seinem Gemüte heraus suchen muss. Anthroposophen können daher nur Menschen sein, die gewisse Fragen über das Wesen des Menschen und die Welt so als Lebensnotwendigkeit empfinden, wie man Hunger und Durst empfindet.“  Rudolf Steiner, GA 26

Vielleicht führt mich das dazu, mich einem Einführungskurs oder dem Leben im sog. Zweig der Anthroposophischen Gesellschaft vor Ort anzuschließen. -

- An den Mittwochabenden widmen wir uns im Zweig Reutlingen in zwei Gruppen der Erarbeitung des gesprochenen und geschriebenen Werkes Rudolf Steiners; dies unter der Fragestellung, was es uns hier und heute zu sagen hat. Nach und nach mag dabei innere Erfahrung werden, dass Anthroposophie nicht nur das ist, was in der Gesamtausgabe dieses Werkes veröffentlicht ist, sondern dass wir im Gespräch über die Gedanken, die durch die Arbeit an der Schrift-gewordenen Anthroposophie in uns geweckt werden, dazu beitragen können, die lebendige, werdende Anthroposophie verwirklichen zu helfen.  

 

Zur Geschichte des Reutlinger Zweigs


Die Anfänge der anthroposophischen Gesellschaft in Reutlingen liegen in der Zeit der Weimarer Republik. 1919 gründeten die Brüder Gmelin in Reutlingen ihre Maschinenfabrik. Rudolf Gmelin hatte die Anthroposophie schon vor dem Krieg kennengelernt und in Hamburg Vorträge Rudolf Steiners gehört. Aus dem Krieg zurückgekehrt wurde er Mitglied der anthroposophischen Gesellschaft, und es begann sich in Reutlingen um Gmelin ein kleiner Kreis aus Freunden und Familie zu bilden. Es habe Eurythmiekurse für Kinder gegeben, die Christengemeinschaft fasste in Reutlingen Fuß, es wurden öffentliche Vorträge organisiert, auch Rudolf Steiner selbst hielt am 03.06.1919 in der vollbesetzten Bundeshalle einen Vortrag über ‚Die sozialen Forderungen der Gegenwart und ihre praktische Verwirklichung‘.

Ab 1933 ist nichts mehr über anthroposophische Arbeit in Reutlingen bekannt. Rudolf Gmelin selbst verließ Reutlingen und kaufte 1936 die Eselsmühle im Siebenmühlental bei Stuttgart. Erneuert wurde der Impuls erst wieder nach dem 2. Weltkrieg. Die Entwicklung des Zweigs in Reutlingen ist nun eng verbunden mit dem Gründungsvater der Freien Georgenschule Erich Weismann (1905-1984). Dieser hatte Rudolf Steiner und das Goetheanum als 17jähriger kennengelernt. Er wurde Waldorflehrer bis zur Schließung 1938 an der Berliner Waldorfschule. Am Ende des Krieges landete er mit Diphterie und Gelbsucht im Lazarett. Zusammen mit Hilda Herklotz, einer Pfullingerin, gründete Erich Weismann unter unsäglich schwierigen Bedingungen 1946 die Freie Georgenschule.

Zugleich mit der Aufbauarbeit für die Schule engagierte sich Erich Weismann für die Anthroposophische Gesellschaft. Es fanden sich im Reutlinger Zweig Lehrer und Eltern der Freien Georgenschule zusammen, die Zusammensetzung der Teilnehmenden spiegelte die Nachkriegssituation in Deutschland: aus allen Richtungen kamen die Lehrenden, es entstanden neue Verbindungen zwischen Menschen, die sich vorher nicht gekannt hatten. Der Reutlinger Zweig schloss sich mit den anderen Arbeitsgruppen und Zweigen der französischen Besatzungszone zur Süddeutschen Landesgesellschaft zusammen. Diese ging später im Arbeitszentrum Stuttgart auf.

Es entwickelte sich in Reutlingen im Umkreis der Schule ein lebendiges anthroposophisches Leben:  es gab sowohl öffentliche pädagogische und literarische Vorträge, als auch intern Lese- und Arbeitsgruppen, Einführungskurse in die Anthroposophie, Eurythmie Kurse, Kleingärtnergruppen. Die unterschiedlichsten Räume der Schule konnten genutzt werden.

Um Günther Zickwolff bildete sich 1961 der ‚Freitagskreis‘, in dem die Grundlagenwerke Rudolf Steiners eingehend behandelt wurden. ‚Die Einführungskurse Zickwolffs in Anthroposophie und Waldorfpädagogik wurden legendär und gaben vielen Eltern und Freunden einen Einblick in eine ganz neue Welt, ebenso gab er auch Kurse für Studierende an der Pädagogischen Hochschule.‘ 

Lange Jahre fand der mittwochabendliche Zweig im Eurythmie-Raum des heute abgerissenen Mittelbaus der Schule statt. Bis wenige Jahre vor seinem Tod leitete ihn Erich Weismann als die prägende Persönlichkeit und bereitete die Zweigabende inhaltlich vor. In den letzten Jahren bildete sich um ihn ein kleiner Initiativ-Kreis, der noch heute in veränderter Form besteht. Nach 1984 war es Sigurd Bindel, der die Arbeit von Erich Weismann weiterführte. Doch er und seine Frau übersiedelten Ende der achtziger Jahre nach Stuttgart.

Seitdem wird die Arbeit des Reutlinger Zweigs von dem sich immer wieder erneuernden Initiativ-Kreis koordiniert. Es gibt verschiedene Arbeitsgruppen mit jeweils einem Verantwortlichen, die in selbstgesetzter freier Arbeitsweise unterschiedliche Werke oder Vortragszyklen Rudolf Steiners erarbeiten oder im freien durch Anthroposophie inspirierten Gespräch zusammenkommen. Die Arbeitsgruppen sind in der Regel offen für neu Hinzukommende.
Unter Veranstaltungen finden Sie das aktuelle Programm.